Hallo liebe LeserInnen, bom dia, boa tarde, boa noite – je nachdem ob Du am Morgen, Nachmittag oder Abend diese Zeilen liest.
Heute beschreibe ich meine Gedanken, meine Begegnung und Anregungen zum Thema:

“ Ist das Kunst, oder kann das weg ?“
Diese Frage wurde einer Putzfrau, die künstlerische Installationen beschädigte zugeschrieben und auch  Joseph Beuys´ Installationen wurden mehrfach Opfer von Aufräumaktionen. Dies zeugt aber vom tatsächlich sehr unterschiedlichen Empfinden und Bewerten künstlerischen Ausdrucks eines Anderen. Ich habe in vielen Bildern, Tonskulpturen, Tanzsequenzen Ästhetik, Kunst, eigenständigen Ausdruck und Talent entdecken können, während der/die Gestaltende davon selbst nicht unbedingt überzeugt war. Ich war in Kunstateliers, kunsthandwerklichen Ausstellungen, Symposien, war oft begeistert und manchmal enttäuschten mich die gezeigten Exponate.

Manchmal arrangiert die Natur spannende Bildcollagen, Muschelansammlungen am Strand, Vogelfedern in Bäumen oder Strandgut, das wie hindrapiert wirkt und in der nächsten Flut verschwindet. Ist das Kunst ? Zufall? Da so vergänglich nicht der Rede wert? Was ist mit den tibetischen Sandmandalas, in langen meditativen und äußerst konzentrierten Arbeitsstunden gestaltet und in einem rituellen Wischen zerstört? (So wie der Künstler Lee Ming Wei, der in seiner Berliner Ausstellung: „Geschenke & Rituale“ die  Guernika von Picasso in Sand gestaltet hat und von mehreren Freiwilligen zu mamorierten Sandschlieren zusammenfegen ließ).

In alten Städten wie Muros, Porto und Lisboa ist der Mix aus historisch, alt, verfallen, durch Graffity oder natürlichen Bewuchs verändert – für das Auge eines Fotografen oder Betrachters spannend und bietet viel visuellen Anreiz. Mal wirkt das Gesamtbild künstlerisch, mal nur ein Detail.

Ich wollte z.B. ein frisch eingesätes Beet fotografieren, in dem dicht an dicht Tauben pickten, (das Ganze wirkte auf friedlichem Wege zerstörerisch, wahrscheinlich war der Gartenbesitzer nur kurz zum Essen), aber mein Kopf über der Einfriedung brachte alle Vögel sofort zum Auffliegen,(als wären sie sich ihres Frefels bewusst).Wie gerne hätte ich die Vogelschar während ihres Fressens, Aufblickens, Wegfliegens fotografiert.

Manchmal geben auch die Menschen durch ihre Anwesenheit einer Szene einen besonderen Anstrich: Sei es, dass ein Paar sich in Gegenlicht vor der Brücke Lisboas küsst, aber der befreundete Fotograf, der auf einem Bein auf einem Stein balanciert ist die lustige Figur, die jeden Vorbeigehenden amüsiert.

In einer Ausstellung zeitgenössischer Spanischer Fotografie in Santander waren die ausgestellten Portraits faszinierend, viele Fotografien waren aus den 60iger Jahren, die Blicke offen und ungestellt, nicht immer zwanghaft lächelnd sondern vielleicht auch irritiert, spöttisch, verächtlich, abwehrend. Unverstellter Gefühlsausdruck, der uns in dauernder Selfiemanie verloren zu gehen scheint. Und die Kunstausstellungsbesucher strichen handdesinfiziert und zahlerlesen vorsichtig mundmaskiert umeinander herum, auch wir: eine seltsam anmutende Spezies…

Dann die Naturbilder, das sich stetig verändernde Meer, die Luftbilder der Wolken – da jagt ein Hund einen fliegenden Drachen, dort schwebt ein Engel… und wahrscheinlich ist, je nach mentaler und emotionaler Stimmung des Betrachters, die Interpretation unterschiedlich.
Die Lichtstimmungen des Sonnenuntergangs – für Sonnenaufgänge bin ich als Langschläfer nicht geschaffen – hier geht die Sonne so rasant unter, dass innerhalb weniger Minuten das Orange / Rot/ Lila sich schnell intensivieren kann, kurz bevor alles ins Dunkel kippt.
Vor Lagos gibt es eine durch Auswaschung entstandene Felsenlandschaft, Hallen – Sandschlösser – die mit kleinen Booten befahren und bestaunt werden können. (Ponta da Pidade).

Viele Felsformationen der französischen Bretagne und der spanischen Nordküste gemahnten mich an liegende Riesen, alte Echsen, Schildkrötenmäuler, und kaum ein paar Minuten später, war diese Synthese von Standort, Lichteinfall und Assoziation weg, Illusion. Hans würde sagen: „konstruierte Wirklichkeit“.
Die Welt entsteht in unserem Kopf, mittels unserer Interpretation.
Dann entsteht auch Kunst in unserem Kopf, springt dem Einen ins Auge, während der Andere – dafür blind – vorüber läuft, etwas gänzlich Anderes als künstlerischen Ausdruck gelten lassen will.

Anregung zum Schluß:
Wie wäre es, wenn Du mir Deine „Kunst“ zeigst und ich Dir Meine   – sich jeder öffnete für eine neue Sicht?